Unser Antrag zum klimaneutralen Gebäudebestand bis 2030

15.04.21 –

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Krone, lieber Dieter,

wir beantragen für die nächste Ratssitzung den folgenden Antrag auf die Tagesordnung zusetzen:

Die zuständigen Gremien der Stadt Lingen mögen beschließen:

  • Für den Neubau und die umfassende Sanierung von kommunalen Gebäu-den soll für die Stadt Lingen bei künftigen Planungen als Niedrigstenergiegebäudestandard das Passivhauses 15 zugrunde gelegt werden, wo immer dies realisierbar ist.
  • Bei umfassenden Sanierungen im kommunalen Altbestand ist ein Gebäudesanierungsplan zu erstellen. Auf dieser Grundlage soll dann eine schritt-weise Sanierung oder Erneuerung einzelner Bauteile erfolgen, sodass der Effizienzhausstandard Passivhaus 15 bis spätestens 2030 erreicht wird. Ins-besondere für denkmalgeschützte Gebäude können die Zielvorgaben geringer ausfallen und individuell festgelegt werden, um baukulturelle und energetische Ziele ausreichend zu berücksichtigen.
  • In die Betrachtung der Klimaneutralität eines Gebäudes soll nicht nur der Primärenergiebedarf des Hauses selbst, sondern ebenfalls die graue Energie, d.h. der für den Bau des Hauses benötigte Energieverbrauch und die CO2 Bilanz einbezogen werden. Daher sollen soweit möglich regionale Baustoffe und Dienstleister den Vorzug erhalten. An den Oberbürgermeister Herrn Dieter Krone 49808 Lingen (Ems)
  • Alle Planungen unterliegen dabei dem Wirtschaftlichkeitsvorbehalt unter der Berücksichtung der Lebenszykluskosten. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung sollen neben einem langfristigen Betrachtungszeitraum die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand bei öffentlichen Bau- und Sanierungsmaßnahmen sowie die Folgekosten für Umwelt und Klima einbezogen wer-den müssen.

Begründung:

Ein erklärtes Ziel Lingener Politik sollte die Erreichung der Klimaneutralität bis spätestens 2030. Etwa 30% der Treibhausgasemissionen in Deutschland entfallen auf den Gebäudebereich. Die Umsetzung der Lingener Klimaziele ist daher eng mit der Sanierung des Gebäudebestands und der klimaneutralen Errichtung von Neubauten verknüpft.
Laut der EU Gebäuderichtlinie 2018/844, die als GEG (Gebäudeenergiegesetz) 2020 in nationales Recht umgesetzt wurde, muss der Primärenergiebedarf im Gebäudesektor bis 2050 um 80% gesenkt werden, um die Klimaschutzziele bis 2050 zu erfüllen. Dazu wird für alle Neubauten ein Niedrigstenergiehausstandard gefordert. Nach der deutschen Auslegung der EU Richtlinie entspricht dies zur Zeit einem Effizienzhausstandard 55.

Laut einer Studie des Umweltbundesamts reicht eine reine Umstellung der Primärenergieträger auf erneuerbare Energien bei gleichbleibendem Energiebedarf aber nicht aus, um die Klimaneutralität zu erreichen. Vielmehr muss bei möglichst vielen Gebäuden mindestens eine ausgeglichene Energiebilanz erreicht werden. Erzielte Energieüberschüsse, können den verbleibenden Energiebedarf anderer Gebäude ohne positive Bilanz, z.B. denkmalgeschützter Gebäude, aus-gleichen. Es wird vorgeschlagen, den Wärmebedarf für Heizung und Warmwasser im heutigen Wohngebäudebestand mindestens zu halbieren, um den Primärenergiebedarf bis 2050 um etwa 80% zu verringern. Das heißt, der Primärenergiebedarf sinkt auf 35 kWh/m²WFl.a, entsprechend einem KfW-40-Effiziezhaus.
Da heutige Gebäude und Gebäudetechnik zudem eine lange Nutzungsdauer von ca. 30-50 Jahren besitzen, müssen aber schon heute alle Neubauten und Sanierungen nahezu klimaneutral erfolgen, um ohne weiteren Sanierungen durchführen zu müssen, die Klimaziele bis spätestens 2030 (deutschlandweit 2050) zu erreichen.
Klimaneutralitätsbetrachtungen sollten zudem die graue Energie einbeziehen. Als graue Energie wird die Primärenergie bezeichnet, die notwendig ist, um ein
Gebäude zu errichten. Graue Energie umfasst sowohl die Energie zum Gewinnen von Materialien, zum Herstellen und Verarbeiten von Bauteilen als auch zum Transport von Menschen, Maschinen, Bauteilen und Materialien zur Bau-stelle und zum Einbau von Bauteilen im Gebäude sowie zur Entsorgung. Durch die Verwendung heimischer Materialien und durch ressourcenschonendes Bauen lässt sich die im Gebäude verbaute graue Energie minimieren.

Das GEG weist ausdrücklich auf die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand hin und auf ihre Pflicht, die Öffentlichkeit über Fortschritte und Beispiele zu informieren. Vorbild sein bedeutet in diesem Zusammenhang nicht nur, die gesetzlichen Mindestanforderungen zu erfüllen, sondern sie zu überschreiten, um einen wirksamen Anreiz für die Gesellschaft zu setzen, dem Beispiel zu folgen.
Die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen sollte sich an einem verlängerten Betrachtungszeitraum ausgehend von den bislang veranschlagten 20-30 Jahren für Nichtwohn/Wohngebäude auf ca. 50 Jahre orientieren und dabei die Folgekosten der Klimakrise und die notwendige Vorbildfunktion öffentlicher Gebäude in die Betrachtung einbeziehen. Für diese ganzheitliche Betrachtungsweise können Lebenszykluskosten durch Life-Cycle-Costing herangezogen werden. Da zu-nehmend Förderprogramme für Energieeffizienzklassen kleiner 40 aufgelegt werden, kann und sollte es machbar sein, die Erfüllung von Klimaschutzzielen mit den finanziellen Zielen der Kommune positiv zu verbinden.

Wir würden einer Verweisung sodann in die Fachausschüsse zustimmen.

 

Mit freundlichen Grüßen
Kühle
(Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen, kommissarisch)

Kategorie

Lingen | Stadtratsfraktion Lingen | Umwelt & Klima | Wohnen

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