Michael Fuest hält die Haushaltsrede 2019 Fraktion Bündnis90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, verehrte Damen und Herren!

So kurz vor Weihnachten so viel Geld ausgeben, das ist schon eine schöne Sache. Und wir haben ja bereits in den bisherigen Reden viele Superlative heute gehört: Ja, es ist richtig und notwendig, die Nettoausgaben für die Jugendarbeit und -hilfe um knapp 2,6 auf gut 12,2 Millionen Euro zu erhöhen, weil viel Geld in den Neu- und Erweiterungsbau im Bereich der Kindertagesstätten ausgegeben werden muss. Dies tragen wir Grüne aus Überzeugung mit, weil die Betreuung der Jüngsten nicht nur eine Pflichtaufgabe der Stadt ist, sondern auch eine Tätigkeit ist, die dem Wohl der Kinder und der Familien nützt. Außerdem kann die Stadt mit einer guten Infrastruktur im Kinderhort- und Kindergartenbereich für sich werben. So kann man auch die positiven Rückmeldungen von der IHK (s. auch die aktuelle Standortumfrage der Industrie- und Handelskammer ) verstehen.

Ähnlich auch die geplanten Sanierungen im Schulbereich, die wir seit Jahren durchführen, halten wir für äußerst wichtig und gut. Hier wird das Geld gut angelegt!

Auch positiv bewerten wir die geplanten Investitionen für den Stadtteiltreff Stroot, eine Maßnahme, die seit Jahren notwendig war!

Bei einem weiteren zentralen Punkt der städtischen Politik gibt es leider nur teilweise die notwendige Bewegung: Ich meine den Umwelt- und Klimaschutz. Sicherlich sind Ansätze erkennbar, aber um das Klimaziel von Paris – nicht mehr als 1,5 Grad ! – erreichen zu können, müssen wir zentrale Handlungsfelder uns genauer vornehmen und überprüfen: • Energieversorgung, • Bauleitplanung, • kommunales oder betriebliches Energiemanagement, • Gebäudesanierung und • Mobilität, denn es muss Ziel der Stadt Lingen sein, die Energieeinsparung und Minderung von CO2-Emissionen zu forcieren, notwendige Veränderungen im Verkehr voranzutreiben und konkrete Projekte umzusetzen. Natürlich finden wir Ansätze dafür im laufenden Haushalt sowie im Haushalt 2019: Erste Schritte zur Elektromobilität (es waren unsere Anträge 2017 und 18) werden umgesetzt, mit dem Antrag, einen ersten E-Bus zu fördern, sind wir jedoch gescheitert. Beim Radverkehr bleibt noch viel zu tun, bis wir wirklich eine fahrradfreundliche Stadt sind, aber Schritte dazu sind erkennbar: mehr Geld für den Radwegebau und für Radstellplätze in der Stadt ist gut, aber um noch mehr Menschen, davon zu überzeugen, ihr Auto stehen zu lassen bzw. auf den Zweit- oder Drittwagen zu verzichten, braucht es mehr, viel mehr!

Das große Geheimnis für 2019 bleibt uns: Wie lauten die Empfehlungen aus dem neuen Verkehrsgutachten, das eigentlich schon 2018 beraten werden sollte. Gerade die zahlreichen Staus in den letzten Monaten zeigen, dass wir mit unserem Autoverkehr an deutliche Grenzen stoßen. Und wir können für die LILI-Busse gerne noch Tausende mehr ausgeben, wenn sie aber im Verkehr nicht weiterkommen und sich ständig verspäten, kann das nicht die Lösung sein. Hier muss auch mal unkonventionell gedacht werden, eigene Busspuren oder Vorrang für Busse an Ampeln, vielleicht gibt es auch Routen, die weniger staugefährdet sind usw.

Aber die immer weitere Ausweisung von neuen Baugebieten bringt auch immer mehr Autoverkehr auf die Straßen, die dafür ursprünglich so nicht geplant waren.

Unabhängig davon finden wir es richtig, dass wieder genug Geld für die Sanierung von Straßen und Wegen zur Verfügung gestellt wird. Im August meldete die Emszeitung, dass in Papenburg Messfahrzeug unterwegs seien, um so den Zustand der städtischen Straßen zu erfassen und zu bewerten. Vielleicht wäre das auch eine vernünftige Maßnahme für Lingen. Viele Wege sind inzwischen in die Jahre gekommen, Platten haben sich verschoben und werden zu Stolperfallen oder Gras wächst in die Wege hinein, so dass diese z. T. nur noch zu 2/3 sichtbar sind. Hier sind Verbesserungen dringend nötig. Wir stellen natürlich fest, dass sich in den letzten Jahren in Lingen Einiges verbessert hat, wenn man den Radverkehr als eine Alternative für den Autoverkehr ertüchtigen will, muss dieses tatkräftiger erfolgen (siehe auch das „Klimaschutzteilkonzept“, das 2016 vom Stadtrat beschlossen wurde !). Dies gilt auch für Bau von „Radschnellwegen“, die leider in der Realität oft fehlen. Wir sehen aber auch, dass – z. T. beschlossene Maßnahmen aufgrund der hohen Belastungen im Baudezernat oder der überhitzen Konjunktur verschoben werden.

Der Blick der Grünen richtet sich – wie in den letzten Jahren - konsequent auf den Umwelt- und Naturschutz, wenn wir beantragen, mit dem Anlegen von Blühstreifen für Insekten mehr Lebensraum und Nahrungsquellen zu schaffen und gleichzeitig die Verschönerung Lingens voranzubringen.

Forschungsergebnisse von Insektenforschern haben gezeigt, dass es in letzten 30 Jahren einen dramatischen Insektenrückgang gegeben hat. So ging die Menge der Gesamtbiomas-se um 76% zurück. Die fehlende Futterquelle wirkt sich auch auf andere Tiere wie zum Beispiel Vögel aus. In der Folge ist die Zahl brütender Vögel in Deutschland von 1998 bis 2009 um rund 12,7 Millionen Paare gesunken.

Das Insektensterben hat für die gesamte Nahrungskette unabsehbare Folgen, auch für andere Tiere sowie den Menschen. Wenn es grünt und blüht in der Stadt, werden vor allem Bienen auch wieder mehr Lebensraum und Nahrungsquellen finden. Gleichzeitig wird die Stadt durch blühende Oasen schöner und lebenswerter für die Lingener Bürgerinnen und Bürger. Deswegen hatten wir vorgeschlagen, Grasflächen in „Wildblumenwiesen“ umzuwandeln.

Außerdem bedauern wir sehr, dass nach einem Jahr die Stelle „Naturschutz“ von Frau Schreiner bis heute noch nicht besetzt ist und es in diesem Bereich zum Rückstau kommt. Ein anderer Punkt: Wir sind froh, dass es während der Haushaltsplanberatungen gelungen ist, dass 50.000 € für die Aufarbeitung der NS-Geschichte Lingens zur Verfügung gestellt wird, damit ein entsprechendes Werk, das alle Facetten dieser Zeit berücksichtigt, dann rechtzeitig vor dem nächsten Stadtjubiläum 2025 fertig gestellt wird. Ein längst überfälliges Vorhaben!

Wir begrüßen sehr, dass wir – trotz einiger Verzögerungen – mit der Realisierung der städtischen Wohnbaugenossenschaft vorankommen, damit auch für Menschen mit geringerem Einkommen, Wohnungen angeboten werden können.

Das angedachte Konzept „Skulpturen“ in der City konnte uns bislang jedoch noch nicht überzeugen. – Wir hätten uns eher mit einer Idee anfreunden können, ohne die religiösen Vorgaben („Tugenden“) ein offenes Projekt auf den Weg zu bringen, so ähnlich wie in der Stadt Münster (aber natürlich kleiner . ..). Aber wir werden ja dazu die Beratungen im Kulturausschuss abwarten.

Der Idee, in der City einen Treffpunkt für Menschen aller Nationen einzurichten, halten wir für sinnvoll und gut. Vielleicht könnte hier das mit öffentlichen Geldern geförderte Mehrfamilienhaus eine neue, gemeinsame Perspektive entwickeln.

Ein weiterer Hinweis zur Systematik des Haushalts 2019: Er ist aus heutiger Sicht solide geplant, die notwenigen Maßnahmen sind eingestellt, die Gewerbesteuer wird vorsichtig mit 32 Mio geschätzt. Aber natürlich hat die Kämmerin sich ihre Schlupflöcher/bzw. ihren Puffer bewahrt. Das hat eine lange Tradition in Lingen, ich kenne es seit der Zeit, als Hermann Bröring hier noch verantwortlich war. Man musste sich immer viel Mühe geben, um die Puffer zu erkennen. Heute liegt er natürlich in der mit 42 Punkten festgelegten Kreisumlage. Die Kreisumlage wird aber 2019 sicherlich höchstens 40 Punkte betragen, vielleicht sogar noch weniger, wenn der Landrat in seinem letzen Jahr den Kommunen etwas von dem vielen Geld aus der Kreiskasse zukommen lassen will. - Gerade heute lobt sich Landrat Winter dafür, dass der Landkreis im nächsten Jahr fast schuldenfrei ist. Den Kommunen steht das Geld zu, das der Landkreis über die Kreisumlage bekommt. Aber diese Frage müssen wir an anderer Stelle diskutieren.

Die Stadt Lingen setzt die Schwerpunkte für 2019 überwiegend richtig, deshalb stimmen wir Grünen dem Haushalt 2019 zu.

Ich komme zum Schluss und möchte danken, meinen Dank an die Verwaltung mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – insbesondere auch die der Kämmerei – verbinde ich mit dem Hinweis, dass alle hier auch 2018 wieder bewiesen haben, dass wir in Lingen die Erledigung der täglichen Aufgaben als Teamarbeit verstehen. - Ihnen – liebe Kolleginnen und Kollegen – wünsche ich einige ruhige Tage und allen ein „frohes und besinnliches Weihnachtsfest“ und ein gesundes 2019!

{Es gilt das gesprochene Wort]

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