Michael Fuest

Michael Fuest 

„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!

Ich möchte meinen Beitrag unter die Überschrift „Mehr Nachhaltigkeit in der Stadtpolitik“ stellen. - Nachhaltigkeit bedeutet heute eine dauerhafte Entwicklung, welche die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generation erfüllt, ohne künftige Generationen der Fähigkeit zu berauben, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.

Meine Forderung nach mehr Nachhaltigkeit stelle ich aus mehreren Gründen. Ich habe sie in der Vergangenheit auch schon häufiger gestellt, und ich wundere mich jetzt, nachdem ich nach 8 Jahren wieder im Stadtrat sitze, wie wenig sich in Lingen in den Bereichen Umwelt, Energie und Verkehr in den letzten Jahren getan hat: Ich sage: zu wenig und zu langsam!:

Ich konnte es mir nicht verkneifen, noch einmal in mein altes Archiv zu schauen. In meinem Beitrag zum Haushalt 1995 habe ich vor über 12 Jahren gesagt:
„Der Umweltschutzbereich ist nicht das Feld, auf dem man die Mittel – je nach Haushaltslage – einsparen und streichen kann. Wir haben eine Verantwortung unserer nachfolgenden Generation gegenüber.“

Als zweiten Bereich hatte ich damals die Verkehrssituation genannt. „Der Busverkehr in Lingen ist und bleibt ein Stiefkind, er wird in die Ecke gestellt und nur mit wenig Geld bedacht im Vergleich zu den tollen Tiefgaragen und Parkhäusern. Damit kann man nach wie vor nicht zufrieden sein, mehr und mehr rächt sich die falsche Politik der vergangenen Jahre. Die Autos werden immer mehr in die Innenstadt gelockt. Wir haben noch immer keinen ÖPNV, der eine wirkliche Alternative zum Auto darstellt, wir bieten zu wenige Fahrten an, haben undurchsichtige Routen, etc..“ Die Haltestellen dagegen haben sich – zumindest teilweise – gebessert. „Wir brauchen ein Taktsystem, bessere Angebote und Werbung. An Nordhorn und Meppen sieht man, dass es auch in kleineren Städten möglich ist, ÖPNV zu gestalten. Und es wäre auch nicht so teuer, als dass wir es uns nicht leisten könnten.
Leider ist unsere Fußgängerzone keine wirkliche Fußgängerzone, sondern vielmehr zu einer Rennstrecke für Radfahrer und zu einer Parkfläche für LKW geworden.“ (Rede Februar 1995)

Ich nenne diese Beispiele, um zu verdeutlichen, dass sich in diesen Bereichen in Lingen grundsätzlich  wenig getan hat.

Wenn man seit über zwei Jahrzehnten zu den Mahnern gehört, kann man bei den wenigen und oft nur halbherzigen Veränderungen keine Genugtuung empfinden: Auf Grund der möglichen Katastrophen, die auf uns zukommen, gilt es zu handeln, jeder für sich im privaten Umfeld, und wir in der Kommunalpolitik mit lokalen Maßnahmen!

Ich möchte drei Schwerpunkte noch kurz erläutern:

Unser Ziel ist es, eine Nachhaltigkeitsstrategie für die Stadt Lingen zu entwickeln:

Den Auswirkungen des Klimawandels muss mit Taten begegnet werden!

„Global denken, lokal handeln“ lautet seit vielen Jahren ein Motto, dem sich die Grünen verpflichtet fühlen. Aber was bedeutet nun „global denken“?
Das Stichwort „Klimawandel“ ist inzwischen – nach über 30 Jahren - endlich – auf der Weltpolitikbühne angekommen und auch die Vordenker der Nation – die Redakteure der Zeitung mit den vier Buchstaben - titelten vor wenigen Tagen: Nur noch 13 Jahre!

Ich denke, wir sind soweit, wir hätten früher anfangen können und müssen!

Eine globale Klimaveränderung steht bevor mit Hitzewellen, ausgetrockneten Flüssen, starken Unwettern, Flutkatastrophen, Wüstenbildungen und dramatischen Auswirkungen auf die Vegetation, die Tiere und die Menschen. Wir haben da eine große Verantwortung.
Wir sind daher der Meinung, dass sich die Stadtpolitik diesen lokalen Auswirkungen der Klimaerwärmung stellen muss. Nur, wenn wir jetzt diese Auswirkungen bei städtebaulichen Vorhaben, bei jedem zu diskutierenden Bebauungsplan sowie allen kommunalen Maßnahmen berücksichtigen, können wir die Zukunftsfähigkeit der Stadt gewährleisten. Z.B. haben wir als Stadt Steuerungsmöglichkeiten dahingehend, dass wir festlegen, wie viele Niedrigenergiehäuser gebaut werden. Diese Optionen müssen wir nutzen. Wir haben wirklich nicht mehr viel Zeit!

Eine bedeutende Rolle spielen hierbei die Bereiche Energieeffizienz und die Mobilität. Ich nenne hier einige Stichworte:
- Energieeffizienz - Gebäudewirtschaft Energiemanagement – da sind wir auf dem Weg,
- bessere Kontrolle der Verbrauchsdaten,
- Optimierung der vorhandenen Regelungstechnik sowie zur Schulung des Betriebspersonals – das könnte sicher noch verbessert werden.

Ökologie macht Zukunft – wer heute nicht handelt, zahlt morgen drauf! Daher muss mit Hilfe der Stadtwerke der Anteil der regenerativen Energien deutlich erhöht werden.

Wir sind mitten bei der Realisierung einer Bürgersolaranlage – auf Antrag der SPD – das ist gut so! Die Stadtverwaltung hat gearbeitet und zusammengestellt, welche Dachflächen städtischer Liegenschaften für Photovoltaikanlagen geeignet sind – gut so! Aber auch hier: lieber klein – klein, kein großer Wurf, keine Maßnahmen, welche die Stadt Lingen und den Klimaschutz wirklich weiterbringen würden! - Auf der Schule in Bramsche eine kleine Anlage, statt auf der Gebrüder-Grimm-Schule, wo alles schon vorbereitet ist, eine große! – Das ist nicht gut so.

Es gab in Lingen schon einen Arbeitskreis „Lokale Agenda“, aber – soweit ich weiß ist er gestorben, oder eingeschläfert worden. – Auch das ist nicht gut so.

Zahlreiche Bäume sind in der Innenstadt im Winterhalbjahr gefällt worden, Straßenbäume waren „abgängig“ oder stellten eine Gefährdung dar. Selbst in Bebauungsplänen verzeichnete wertvolle Bäume wurden gefällt. Und was nicht vorher von der Stiehl-Truppe mit ihren scharfen Zähnen umgelegt wurde, erledigte der Orkan Kyrill. Wir tun zu wenig für den Schutz der Bäume, wir pflanzen in der Stadt zu wenig nach. Auch die Ausweisung der Kompensationsflächen ist immer wieder unzureichend. – Das ist nicht gut!


Zum Thema „Radwege“ möchte ich sagen, wir haben uns sehr gefreut, dass Lingen beim Wettbewerb „Fahrradfreundliche Stadt“ mit Hannover zusammen den 2. Platz gewonnen hat. (Fairerweise muss man natürlich dabei auch erwähnen, dass die Konkurrenz nicht so zahlreich war - aber immerhin!) – Ein solcher Preis ist natürlich zugleich auch eine Verpflichtung!

Wenn wir uns da die Zahlen des Haushalts anschauen, dann müssen wir jedoch feststellen, dass zu wenig Geld für den Radwegebau eingestellt wurde. Nach einigem hin und her sind dort nun 100.000 € eingestellt worden, doch das ist noch nicht einmal der Stand des Jahres 2006 (150.000 €). Wenn man sich z. B. den Willy-Brandt-Ring oder auch den neuen Kreisverkehr am Konrad-Adenauer-Ring ansieht, muss man feststellen, dass dort für die Radfahrer zu wenig getan wird.

Wenn ich die Aussage von Herrn Pott höre, gerne noch mehr Kraftwerke in Lingen ansiedeln zu wollen, empfinde ich das schon als gewisse Provokation, wenn wir uns mit den Klimazielen beschäftigen. Ich denke, der entscheidende Punkt ist, dass wir nicht nur mit glänzenden Augen uns über ein Kraftwerk freuen dürfen, sondern wir müssen versuchen, die Energie möglichst optimal zu nutzen, z. B. durch die Einbindung von Kraft-Wärme-Kopplung. Das Linus wäre ein Beispiel dafür.

Ich denke nicht, dass wir, wie es Hermann Gebbeken eben formuliert hat, weiter so machen können wie bislang. Das geht nicht mehr! Wenn selbst die Bild-Zeitung das schon feststellt, spätestens dann müssen wir aufwachen. Es ist jetzt höchste Zeit, sich auf die Zukunft vorzubereiten!

Ich möchte schließen mit einem Zitat von Mahatma Gandhi, der gesagt haben soll: „Sei die Änderung, die du dir für diese Welt wünschst“. In neudeutscher Übersetzung könnte man heute auch sagen: „Du bist verantwortlich für das Klima.“

Immer deutlicher wird, dass sich unser politisches Handeln an dieser Maxime orientieren muss.

Dieser Haushalt ist – insgesamt betrachtet – sicherlich nicht schlecht, er enthält jedoch ein Potential, das nicht vernünftig, nicht nachhaltig genutzt wird! Damit werden Chancen vertan, die wir ganz, ganz dringend nutzen müssten. Lingen will Zentrum sein, Lingen sollte Zentrum – besser noch Oberzentrum -  werden für Nachhaltigkeit. Doch dafür fehlt in diesem Haushalt zu viel, deshalb werden wir nicht zustimmen.“



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